Staatsangehörigkeit als ethnische Zugehörigkeit?

Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) hat verschiedene Fact Sheets zum Datenschutz in sozialwissenschaftlichen Erhebungen veröffentlicht (https://www.lifbi.de/de-de/Start/Institut/Organisation/Zentrum-für-Studienmanagement/Datenschutz-in-Erhebungen).
Im Fact Sheet No 03 zu Art. 9 DSGVO wird unter anderem behauptet, dass Staatsangehörigkeit und Herkunftsland besondere Kategorien seien, ebenso der Familienstand. Meines Erachtens schießt das LIfBi deutlich über das Ziel hinaus. Da wir inzwischen die Ehe für alle haben sagt der Familienstand “verheiratet” nichts mehr über die sexuelle Orientierung einer Person aus. Ebenso lassen Staatsangehörigkeit und Herkunftsland keinen Hinweis auf eine ethnische Zugehörigkeit zu. Ich kenne jedenfalls kein Land, dass “ethnisch rein” ist.

Die DS-GVO erwartet einen besonderen Schutz solcher Daten. Das Institut, formal ein Verein, liegt völlig richtig und will offensichtlich die Personen und ihre Daten respektieren. Zu einer korrekten Darstellung schaut man besser direkt in deren Dokument.

Als Beispiel zum Familienstand das Urteil des Europäische Gerichtshofs EuGH C-184/20, speziell Nr 42, 125, 128

Edit: Link zum Urteil: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=263721&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1391320

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Die Staatsangehörigkeit oder das Geburtsland ist nicht zwangsläufig eine konkrete Angabe zur “rassischen und ethnischen”(!) Herkunft. Evtl. in manchen Ländern, evtl. lässt es sich manchmal mit gewisser Wahrscheinlichkeit annehmen, doch nicht bestimmt daran festmachen.

Die “Herkunft” ohne Angabe zur Rasse bzw. Ethnie ist m. E. keine besondere Kategorie. Kann aber schnell praktisch sensibel werden, obwohl die DSGVO sie nicht als solche aufführt; z. B. wenn es um Diskriminierung, Flucht, Asyl, Anderssein geht.

Beim Einwilligungsalter liegen die Emfpehlungen auch daneben (Factsheet 2), weil die Altersgrenze von 16 des Art. 8 DSGVO nur für “Dienste der Informationsgesellschaft” definiert ist. Außerhalb dieses Bereichs kommt es auf die individuelle Einsichtsfähigkeit an. Stattdessen werden Grenzen von 14, 16,18 gezogen. Kann man machen, aber nicht mit dem genannten Grund (Art. 8).

D., der hofft, dass damit wir nicht beim Thema “Fotos mit Brille” sind.

Die Norm ist abschließend formuliert.
Da sie in solche Details geht wie “Gewerkschaftszugehörigkeit” neben “politische Meinung” und “Weltanschauung”, gehe ich davon aus, dass der Gesetzgeber die Staatsangehörigkeit nicht erfassen wollte.
Ein risikoorientierter höherer Schutz ist zulässig, der Verzicht darauf ist kein Verstoß gegen das Gesetz.

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