Privatadresse für Kollegen sichtbar

Hallo,

darf die Privatadresse für alle Kollegen, die im Warenwirtschaftsprogramm arbeiten, sichtbar sein?

Hintergrund: Der Arbeitgeber (ein Handelsunternehmen) gewährt seinen Mitarbeitern als Bonus monatlich für Summe x kostenfrei zu beziehen. Für Mitarbeiter, die nicht vor Ort wohnen, wird die Ware per Paket zugestellt. Dafür werden sie wie Kunden im Warenwirtschaftsprogramm angelegt. Damit ist die Privatadresse für alle Kollegen, die Zugang zu diesem Programm haben, einsehbar.

Konkreter Fall: Kollege A bittet Kollegin B um die Adresse von Kollegin C da er ihr etwas für ihre Arbeit zusenden soll. Kollegin B hat gerade keine Zeit und fordert ihn auf sie sich selbst aus dem Warenwirtschaftsprogramm rauszusuchen.

Mir geht es hier nicht um Einverständniserklärungen von Kollgin C, sondern um die reine Frage ob die Privatadresse, die zum Zweck des Bonus-Paketversandes gespeichert wurde, wirklich für alle Kollegen sichtbar im Warenwirtschaftssystem abgelegt sein darf?

Bin auf Ihre Antworten sehr gespannt und sagen schon mal Danke!

VG C.

Die Frage ist in meinen Augen nicht einfach zu beantworten.

Klar ist das eine Rechtsgrundlage erforderlich ist. Ich sehe hier drei Optionen und je nachdem ist auch die Frage zu beantworten:

  1. Einwilligung: Nachteil: Bonus kann nur zugesannt werden wenn Einwilligung vorliegt - daher könnte es als Zwang verstanden werden, aber es wäre ein Ausgleich/Anreiz gegeben da im Arbeitsverhältnis Einwilligungen schwierig sind. Vorteil in meinen Augen die sicherste Variante. Aber Zugang nur für Mitarbeiter die das wissen müssen.
  2. Berechtigtes Interesse: Wenn es im Interesse des Arbeitgeber ist und kulturell in der Firma üblich ist kann man es drauf stützen. Aber man muss widersprechen können und wie bei der Einwilligung könnten Kollegen dann leer ausgehen.
  1. Arbeitsvertrag: Sehe ich kritisch, da der Bonus nicht unbedingt für die Durchführung notwendig ist.

Bezüglich der Veröffentlichung im System - wie gesagt es ist ein einfacher Weg und wenn man den Bonus will muss die Adresse irgendwie in die Logistik kommen. Daher, sehe ich es als nicht so problematisch, wenn man einwilligen kann bzw. diese wiederufen kann - auch wenn dann der Bonus wegfällt. Jeden Monat neu die Daten bereitstellen ist sicher auch nicht so praktikabel. Zudem würde ich eine Dienstvereinbarung / Betriebsvereinbarung aufsetzen.

Es einfach unter der Hand zu regeln halte ich für nicht gut - wenn man da einen offizielen Prozess hat. Anfrage über Formular XY wäre es besser

Zwei getrennte Zwecke. Es solte eine Möglichkeit geben, das im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zu lösen, ohne Zweckänderung im WWS . Vielleicht sogar ohne neuen Erlaubnistatbestand für die Brücke von B zu A (Enwilligung oder sonstwas), indem A sich an eine Stelle wendet, die die Adresse (nicht aus dem WWS, sondern z. B. Personalakte) in ihrem Aufgabenbereich nutzen darf und etwas mitverschickt, ohne dass A die Adresse erfahren muss.

Die Adresse im Warenwirtschaftssystem ist dort zur Vertragserfüllung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). Mit den Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als Kunden.

Die Kollegin möchte die Adresse aber, um was Dienstliches zuzusenden (§ 26 Abs. 1 S. 1 BDSG). Das wäre rein auf das Beschäftigungsverhältnis bezogen. Also jeweils ganz unterschiedliche Zwecke und eine andere Rechtsgrundlage.

Wenn solche Leute sowieso dezentral arbeiten, müssen sie doch dafür ab und zu etwas zugeschickt bekommen. Wie wird das sonst gehandhabt? Z. B. würde die Personalabteilung die Adresse haben und für Personalangelegenheiten nutzen dürfen. Die direnkten Vorgesetzten sollten auch wissen, wo ihre Leute gerade sind; Briefe könnte man scannen und per Mail weiterleiten, aber Pakete, Material usw. bräuchte die Anschrift. Diese Stellen könnten die fragliche Sendung der Dienstpost beilegen.

D., der vorschlägt, das generell zu gestalten.

Herzlichen Dank für Ihren Input. Wie in vielen mittelständischen Unternehmen wird Datenschutz einerseits, auch Dank der Änderungen im Gesetz, ernst genommen, aber im Alltag “ignoriert”., oder als “übertrieben” erachtet. Als man früher noch ein kleineres Unternehmen war, spielten solche Dinge auch eher eine untergeordnete Rolle. Doch das Unternehmen wächst, die Angestelltenzahl steigt und Dinge, die vorher noch in Ordnung waren, weil der Kreis überschaubar war oder anderes, sehen im Rahmen des Wachstums und damit steigenden Mitarbeiterzahl, anders aus. Der Schritt vom familiären Unternehmen zum “Big Business”. Eine Personalabteilung gibt es nicht bei rund 42 Mitarbeitern. Einen Betriebsrat auch nicht.

Bei den dezentral arbeitenden wird in der Regel alles online erledigt, Ausnahmen bestätigen die Regel. Es geht mir auch nicht darum, das etwas zugeschickt wird, sondern das alle Mitarbeiter die Adresse im Warenwirtschaftssystem sehen können, auch wenn sie mit der Warenversendung an sich nichts zu tun haben. Das theoretisch jeder sich die Adresse raussuchen könnte und jemand anderem geben könnte. Mein Bauchgefühl hält das für nicht richtig.

VG C.

Das sieht danach aus, dass ihr ein Berechtigunskonzept braucht. Bei 42 Mitarbeitern würde das schon wieder Sinn machen. Oder will der Chef etwa, dass jeder Mitarbeiter in die aktuellen Kassenbestände schauen kann?
@Domasla hat das schön beschrieben. Das eine ist eine Arbeitstätigkeit mit einer Rechtsgrundlage und das andere ist auf freiwilliger Basis mit einer eigenen Rechtsgrundlage. Genau so sollte man dann auch die Adressen bzw. wo sie herkommen behandeln.
Dem Mitarbeiter, der wirklich das Warenwirtschaftssystem für seine Tätigkeit braucht, muss klar sein, dass diese Daten unter das Geschäftsgeheimnis fallen und daher auch nicht an jeden weitergegeben werden dürfen. Auch nicht intern.

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Dass alle alles sehen können (außer dem Chef-Gehalt) ist natürlich nicht optimal.

Die Grundsätze der Zweckbindung und der Vertraulichkeit lassen sich so nicht einhalten (Art. 5 Abs. 1 DSGVO). Speziell hätte man zu wenig getan, um den Anforderungen an Datenschutz by Design (Art. 25) und geeignete(!) technische und organisatorische Maßnahmen (Art. 32) gerecht zu werden; z. B. ein Berechtigungskonzept für das System, Sensibilisierung der Nutzer.

Bestimmt kennt auch niemand die Bedingungen für Zweckänderungen (Art. 6 Abs. 4 DSGVO) und würde sich vorschriftsmäßig schon vorher(!) darum kümmern.

Da wäre es einfacher, die Belieferung entfernt arbeitender Leute durchzuexerzieren und einen zulässigen Kanal zu etablieren.

D., der hilfsweise behaupten würde, dass alle WWS-Nutzer dem… Beichtgeheimnis unterliegen und deshalb die Versandadressen für nichts anderes nutzen dürfen. Wer es trotzdem macht, den… (Hatten wir heute schon “Blitz”? Nein.) , den wird der Blitz treffen!

Nochmal: herzlichen Dank für euren Input!

Und ja, diesen “Blitz”, den kenne ich auch sehr gut :wink: