Jemanden gegen den eigenen Willen zum DSB ernennen

Liebe Community,

ich bin gerade etwas verunsichert, vielleicht könnt Ihr mir mit dem Blick der Außenstehenden in dieser Frage weiterhelfen:
Jemand aus meinem Freundeskreis, der als Beamter bei einer Behörde beschäftigt ist, soll gegen seinen Willen zum Datenschutzbeauftragten ernannt werden. Er ist kein Jurist und verfügt über keinen Fachkundenachweis. Er hätte kein grundsätzliches Problem damit, im Datenschutz zu arbeiten. Aber er möchte kein Datenschutzbeauftragter werden. (Begründung: bisher keine Maßnahmen zur Implementierung von Datenschutz vorhanden, keine Dokumentationen, Schwierigkeiten mit der Leitung, Rolle “DSB” vermutlich als “Strafmaßnahme”.)

Er war früher in einer anderen Behörde im Personalbereich tätig und musste sich deshalb zwangsläufig auch mit Datenschutz auskennen, aber er hat keinen Fachkundenachweis und in den letzten Jahren auch keine Schulungen zu dem Thema besucht. (Zumindest nicht beruflich. Ich kenne ihn von schulformübergreifenden Elternabenden, wo es auch regelmäßig Fachvorträge zu Datenschutz , KI und anderen Themen gibt. Dort geht man aber als Privatperson aus Interesse hin, das fällt also unter “Freizeitgestaltung”. )

Losgelöst von der Bewertungsfrage (“ist es im Interesse des Verantwortlichen, jemanden zu einer herausgehobenen Rolle zu zwingen?” Natürlich nicht - das möchte ich hier nicht diskutieren.) überlege ich gerade, ob ich ihn korrekt beraten habe.

Ich habe gemeint, sie könnten ihn wohl dazu zwingen, im Sachgebiet “Datenschutz” zu arbeiten, wenn es ein solches gibt, aber sie könnten ihn nicht gegen seinen Willen zum DSB ernennen. (Ich bin in der Privatwirtschaft tätig und kenne mich im Behördenwesen und im Beamtenrecht nicht aus.)

Ich weiß nicht, ob sie ihn zu einem Kurs und einer Prüfung zwingen können (weiß das jemand von Euch?). Ungeachtet dessen kann er meiner Meinung nach er dann immer noch die Prüfung versemmeln und “ohne Fachkundenachweis keine Ernennung”. (Ist natürlich nicht karrierefördernd, aber er kommt mit der Behördenleitung nicht hin und hätte ohnehin keine Aufstiegschancen.)

Inzwischen sieht es so aus, als stünde seine Ernennung - auch ohne Fachkundenachweis - kurz bevor, und ich frage mich, ob ich auf dem Holzweg bin.
Wie seht Ihr die Sache denn?

“… bisher keine Maßnahmen zur Implementierung von Datenschutz vorhanden, keine Dokumentationen, …”

Das sind doch Super-Voraussetzungen, etwas zu bewegen. Und das ist jetzt nicht ironisch gemeint, denn man kann ja nur gewinnen. Ich würde mich sofort bewerben auf diese Stelle. Ich sehe aber den Datenschutz auch nicht als Strafe an, sondern als spannendes Fachgebiet. Als Querschnittsfunktion hat man mit (fast) allen Unternehmensteilen zu tun. Ich kenne jedenfalls mein Unternehmen so gut wie kaum ein anderer.

Und die “Schwierigkeiten mit der Leitung” stellen sich auch ganz schnell ein, wenn man an einem Strang zieht und die Leitung sieht, dass etwas voran geht. Außerdem ist man als DSB ja unabhängig - es kann einem im Notfall also nichts passieren, falls es wirklich mal haarig wird.

Wo kann ich mich auf diesen Traumjob bewerben? :slight_smile:

Und wegen dem Fachkundenachweis: Da macht man dann einfach ein paar Schulungen und hat sogar noch eine neue Zusatzqualifikation. Wenn es also gar nicht gut läuft, kann man sich damit dann woanders bewerben.

Bei großen Unternehmen werden auch oft ältere Führungskräfte, die bei Umorganisationen “übrig bleiben”, zum DSB gemacht. Die haben am Anfang auch keine Ahnung vom Datenschutz und müssen sich erst einarbeiten. Ich kenne sogar ein DAX-Unternehmen, wo das so war.

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Spannender Fall.
Zum einen ist da Thema “Personalrecht” … wie weit reicht die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers?
Hier ist ggf. einmal juristischer Rat (z.B. über den Personlrat) einzuholen.

Zum anderen der Wille nicht DSB zu werden.
Er haftet für seine Beratung nicht, so lange er seinen Job als DSB auch nur halbwegs wahrnimmt.
zu den angeführten Gründen:

Fachkunde: Der Verantwortliche muss ihm als DSB einer öffentlichen Stelle:
§ 6 Abs. 2 BDSG:

“Die öffentliche Stelle unterstützt die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben gemäß § 7, indem sie die für die Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Ressourcen und den Zugang zu personenbezogenen Daten und Verarbeitungsvorgängen sowie die zur Erhaltung ihres oder seines Fachwissens erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stellt.”

Bedeutet: Er sollte anstreben hier die Fachkunde zu erwerben, der AG MUSS ihm das bereitstellen.
Wenn die Verarbeitungen in seiner Dienststelle “höhere Risiken”, z.B. Sozialdaten beinhalten, mehr, wenn sich um eine Dienststelle mit eher technischen Daten handelt (Bauhof oder so) dann eher weniger.

Noch kein DS umgesetzt:
… das ist eigentlich gut, weil er da - wie mein Vorredner schon bemerkte - eine Spielwiese hat, wo man sich so richtig, aber erst nach Fachkunde-Erwerb, austoben kann.

Wenn er den Job partout nicht will, kann er sich an die Datenschutzaufsicht mit Bitte um Stellungnahme zum Sachverhalt wenden … was ihm aber in seiner jetzigen Stellung in der Dienststelle auch nicht unbedingt gut tun wird.

Dann bleibt da noch der DS-Verstoss, dass er zum Zeitpunkt der Benennung nicht über die Fachkunde verfügt.

Am besten wäre es, dass er zuerst die Fachkunde erwirbt, dann weiss er auch worauf er sich nicht oder dann vielleicht doch, einlässt und entscheidet, ob er sich hier verweigern möchte.

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Genau. Wer ist denn bisher DSB? Eine öffentliche Stelle muss immer so jemand haben; auch extern möglich.

Und damit wären wir bei einer Fehlerwartung. Nämlich dass der neue DSB ganz allein “den Datenschutz macht”. Das darf er nicht, weil hauptsächlich “der Verantwortliche” (die Behörde) die Pflichten aus dem Datenschutzrecht zu erfüllen hat; also auch zu entscheiden, was organisatorisch und sicherheitsmäßig geändert werden soll, wie was zu dokumentieren ist usw. U. a. die Pflicht zur DSB-Benennung. Allerdings darf (und muss) er die Leitung der Behörde (ständig) darauf hinweisen, was noch fehlt oder falsch läuft, und vorschlagen, wie man es richtig machen müsste.

Dafür muss ihm der Verantwortliche die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen (u. a. ihr Ohr und genügtend Arbeitszeit); DSB mit Fachkunde auswählen, bzw. der vorgesehenen Person diese zu verschaffen.

(Natürlich kann es als Dead-End-Job angelegt sein. DSB-Kämmerchen, ohne Verbindung zu anderen Stellen. Nachfragen unerwünscht. Arbeitet für die Ablage oder für den Reißwolf.))

D., der denkt, dass die Leitung keine Angst vor der Aufsicht hat, wenn Datenschutz seit… nicht so wichtig gewesen zu sein scheint.

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Also soweit mir bekannt, erfordert eine Benennung auch eine Annahme.
Hierzu muss der zu benennde schriftlich zustimmen.

Zudem Erw 97 (4) “Derartige Datenschutzbeauftragte sollten unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um Beschäftigte des Verantwortlichen handelt oder nicht, ihre Pflichten und Aufgaben in vollständiger Unabhängigkeit ausüben können.”

Wenn die Person es machen “muss”, kann man durchaus der Meinung sein, dass die UNabhängigkeit nich gegeben ist .

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