Gültigkeit von Einverständniserklärungen

Im Gespräch mit einem Kollegen aus dem öffentlichem Dienstleistungsbereich, aber im Wettbewerb stehend ergab sich folgende Fragestellung.

Ich selbst bin Datenschutzbeauftragter, intern, für mehrere Unternehmen am europäischem Standort und habe für unseren Vertrieb nach Umstellung auf DSGVO die Einwilligungserklärungen der Kunden für werbliche Ansprachen ohne Ablaufdatum festgelegt. Bzw. wenn Kunden zwei Jahre nicht mehr bestellt haben, so ist die Einwilligungserklärung zu erneuern.

Der Kollege meinte, Einwilligungserklärungen alle zwei Jahre erneuern zu müssen.

In seiner Branche, Krankenversicherung, sind hierbei ja nicht die Verarbeitungen gem. der bestehenden Kundenverträge gemeint, da diese im Rahmen der Vertragsabwicklung bzw. nach DSGVO Art. 9 ff. ja gestattet sind. Die Einwilligungen dienen der Kundeninformation über buchbare Zusatzleistungen oder der Kundenaquivierung (Familienversicherte)…

Ich vertrete hier die Meinung, dass die Einwilligung, welche jederzeit zurück genommen werden kann und unter transparenter Aufklärung zu bestimmten festgelegten Zwecken erfolgt kein “Ablaufdatum” aufweist.

Bedeutet, so lange die Kundenbeziehung besteht. In seinem Fall das Versicherungsverhältnis ist die einmalig abgegebene Einwilligung gültig.

Der Arbeitsaufwand zur Erneuerung der Einwilligungen könnte komplett eingespart werden.

Die Unsicherheit, die ich noch habe, hat damit zu tun, das die DSK in ihrer Orientierungshilfe einen
Verfall annimmt. Dies aber aufgrund eines Urteils, bei dem die vorliegende Einwilligungserklärung 17Monate nicht genutzt wurde.

Hingegen aber im BGH, Urteil vom 01.02.2018 - [III ZR 196/17], Zitat :

" Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die Richtlinie 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese – ebenso wie eine Einwilligung nach § 183 BGB – grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt."

Welche Regelungen habt ihr so getroffen?

Ich sehe auch keine konkrete gesetzliche Verfallsfrist.

Würde aber überraschende Werbezusendungen nach längerer Inaktivität mit dem Grundsatz von Treu und Glauben kollidieren lassen. Die Betroffennen werden evtl. keinen Zusammenhang mit der ursprünglichen Einwilligung herstellen können.

Meiner Meinung nach “verblassen” Einwilligungen nämlich bei längerer Nichtnutzung und ich empfehle, nicht andauernde Nutzungen regelmäßig mit irgendwas zu besetzen. Wenn aktuell kein neues Produkt beworben werden kann, das von den ursprünglichen Zwecken gedeckt ist, dann notfalls mit Wiederholung der bisherigen Angebotspalette und Service-Angeboten. Man könnte solche Empfänger auch mit jährlichen Zusammenfassungen zum eingewilligten Zusammenhang… beglücken, um die Erlaubnis aufrecht zu erhalten, z. B. Jahresberichte, Tendenzen, Weihnachtsgrüße.

D., der das für durchaus diskutabel hält. Ebenso wie beide Extrempositionen (ewig bzw. 12 /16 /24… Monate).

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Danke für deine Meinung hierzu.

Das mit dem “Verblassen” ist mir aber zu subjektiv. Bei der Krankenkasse könnte es sein, dass max. jährlich vielleicht eine Änderung beschlossen wird, die telefonisch auf Grundlage der bestehenden EwE (Einwilligungserklärung) beworben wird.

Ungefähr “Kennen sie unser neues Fitnessprogramm, wie haben den Dienstleister XY zertifiziert und aufgenommen, bei dem Sie von der Kasse 100€/anno angerechnet bekommen, wenn sie da 50 Kniebeugen/Woche für die nächsten 12 Monate absolvieren…”

Oder, sie erhalten 10% beim Kauf der neuen Zahnbürsten des Professor. Dr.Dr.Dr von der Kasse zurück erstattet.

Ich meine, ich bin ja nicht so in den Verfahren des Kollegen drin, aber der Charakter einer EwE ist, dass man diese zu jederzeit wieder Kündigen kann. Zur Not halt, wenn man ungünstig am Telefon erwischt wird und man sich nicht mehr dran erinnern kann, jemals eine EwE unterschrieben zu haben.

Allein dieser Aspekt spricht für mich für die andauernde Gültigkeit bis zum Ende des bestehenden Kundenverhältnisses.

Ich gebe dir ja Recht, was das “Verblassen” angeht, aber juristisch greifbar ist das sicherlich nicht.

Wo doch “das Andere” schon, scheinbar viele Kollegen und Kolleginnen inkl. der DSK rechtsunsicher zurück lässt.

Nochmals Danke

Dataparanoia

In der Apotheke haben wir Einwilligungen für Kundenkarten. Sollte der Kunde 2 Jahre nicht einkaufen kommen, löschen wir das Kundenkonto.
Newsletter lassen wir so lange laufen, bis der Kunden sich abmeldet. Damit pausieren wir auch keine 2 Jahre. Das ist der Vorteil von Newslettern - der Empfänger kann sich jederzeit abmelden, wenn es ihn nervt.

Ich sehe auch keine gesetzliche Grundlage für den “Verfall” einer einmal erteilten Einwilligung.
Die erneute Einholung nach einiger Zeit sehe ich als kundenfreundliche Kulanz an, da diese*r sich ggf. nach längerer Zeit nicht mehr daran erinnert und so Gelegenheit zu einer neuen Entscheidung bekommt.

Hat mich jetzt auch interessiert ;-).

Wirkliche “Fundstücke” konnte ich dazu nicht finden. Ältere Urteile dazu waren wohl:

2010.04.08 OLG München, Entscheidung zu 17 Monaten: „Es ist in diesem Zusammenhang allgemein anerkannt, dass eine einmal erteilte Einwilligung mit Ablauf eines längeren Zeitraumes ihre Aktualität verliert … Versendung der E-Mail ein Zeitraum von etwas mehr als 1 ½ Jahren. Damit hatte die Einwilligung, so sie denn erteilt worden war, jedenfalls ihre Aktualität verloren“.
https://openjur.de/u/483674.html

2016.10.05 AR Bonn, Entscheidung zu 4 Jahren: „Bei einem solchen Zeitablauf kann nicht mehr von einer erteilten Einwilligung ausgegangen werden.“
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/ag_bonn/j2016/104_C_227_15_Urteil_20160510.html

2018.02.01 BGH, Entscheidung zu Fristablauf: „Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die Richtlinie 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese - ebenso wie eine Einwilligung nach § 183 BGB - grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt. “
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=80968&pos=0&anz=1

und dann gibt es noch die Orientierungshilfe der DSK:

2018.11.17 DSK Orientierungshilfe zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO): „3.5 Die Zivilgerichte sehen bei erteilten Einwilligungen zur werblichen Kontaktaufnahme teilweise keine unbegrenzte Gültigkeit. … bisher nicht genutzte Einwilligung zur E-Mail-Werbung „ihre Aktualität verliert“ und deshalb insoweit keine rechtliche Grundlage mehr ist. … 4.8 Eine konkrete Frist hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Entscheidend ist, ob aufgrund der Art der Geschäftsbeziehung noch eine Erforderlichkeit zur weiteren Nutzung der Daten für Zwecke der Direktwerbung von dem Verantwortlichen nachvollziehbar dargelegt werden kann.“
https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/oh/20181107_oh_werbung.pdf

Fakt für mich ist nur, dass es eine Ablauffrist grundsätzlich (noch) nicht gibt. Aber, habe ich z. B. die Einwilligung zu Werbezwecken mit einem Vertrag eingeholt und dieser ist gekündigt, dann wird es mit der „Darlegung der Nachvollziehbarkeit“ (DSK) schon schwierig, zumal es ja allein aufgrund des Kopplungsverbots (§ 7 Abs.4 DS-GVO) zu trennen ist (Von Gewinnspielen mal ganz abgesehen). Nach Art.17 Abs.1 (a) besteht eine Löschpflicht, wenn Daten nicht (mehr) benötigt werden. Der Zweck für eine länger, ungenutzte Speicherung wäre also darzulegen. „Vorratsspeicherung“ entfällt damit.

Man sollte hier trennen zwischen Verarbeitungen und Einwilligungen. Eine Einwilligung im Sinn der DS-GVO und einer im Sinn des deutschen Rechts nach BGB ist nicht das gleiche. Das eingangs genannte Beispiel ist eine Einwilligung in eine Zweckänderung der Daten und deren Verwendung für Werbung (für “Zusatzleistung”).

Hallo Haderner

Das eingangs genannte Beispiel ist eine Einwilligung in eine Zweckänderung der Daten und deren Verwendung für Werbung (für “Zusatzleistung”).

Also mal schnittstellentechnisch betrachtet, hat die Kasse ein bestehendes Kundenverhältnis. Die EWE ist,
wie von dir angenommen, dafür, bestehende Kontaktdaten zu Werbezwecken einzusetzen.

Bei transparenter Aufklärung, erfolgt aber doch keine Zweckänderung, da die Kontaktdaten ja mit der Einwilligung nochmals erhoben werden. Und wenn, wäre es relevant?

So hatte ich doch den Fall wie folgt eingegrenzt:

“Bedeutet, so lange die Kundenbeziehung besteht. In seinem Fall das Versicherungsverhältnis ist die einmalig abgegebene Einwilligung gültig.”

Anders würde ich bei “Nichtkunden” von einem Verfall der EWE nach z.B. 2 Jahren ausgehen.

Man lässt sich ja nicht das Verfahren der Zweckänderung freigeben sondern die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken.

Ich werde also nicht ganz schlau aus deinem Post :flushed:

Ich meine damit, dass man zwischen einer Einwilligung nach DS-Recht und einer nach BGB unterscheiden muss - man eben bei DS nicht mit “Treu und Glauben” nach BGB argumentieren kann, eher mit Transparenz (naja …)

Zum Urteil: das ist nicht vollständig zitiert. Der BGH hat darüber nicht entschieden (das ist ein Nebenthema), denn die Fortsetzung in Rn. 31 lautet

Vor diesem Hintergrund bestehen jedenfalls gegen die gegenständliche Regelung zur Geltungsdauer keine Bedenken, da diese einge-grenzt ist auf die Zeit während des laufenden Vertragsverhältnisses bis zu höchstens zwei Jahre ab Vertragsbeendigung und zumindest während dieses überschaubaren Zeitraums bei einem Verbraucher, der seine Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt, von seinem fortbestehenden Interesse an einer Information über neue Services und Angebote der Beklagten ausge-gangen werden kann

Das stand also schon in der Einwilligung drin (und letztlich wohl auch indirekt, was Domasla meint). Der Streit ging um mangelnde Klarheit der Einwilligung.

Hoffentlich habe ich Deine Frage richtig verstanden …

Ja, du hast richtig verstanden. Ich gehe davon aus, das die EWE in Sachen Transparenz i.O. sind.

Ich wollte mich nur Rückversichern, dass ich mit meiner Annahme zumindest nicht falsch liege.

Das hat sich bestätigt.

Danke nochmal :smiley: