Datenschutz vs. Personalakten

Ich habe ein Frage zum Problem Datenminimierung/Personalakte bei Beamten, konkret zur Frage der Zulässigkeit, ob erfolglose Bewerbungen dauerhaft in Personalakten gespeichert werden dürfen.

Zum Beschäftigtendatenschutz schreibt der BfDI in seinen FAQ:

"Rückgabe bzw. Löschung der Bewerbungsunterlagen:
Nach einer erfolglosen Bewerbung müssen Bewerbungsunterlagen grundsätzlich gelöscht beziehungsweise an die Bewerberin oder den Bewerber zurückgegeben werden. Der Arbeitgeber darf die Unterlagen und eine Dokumentation über das Bewerbungsverfahren jedoch für einen gewissen Zeitraum aufbewahren, um sich gegen einen etwaigen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach dem AGG verteidigen zu können. Das AGG verbietet Diskriminierungen wegen bestimmter persönlicher Merkmale. Dieser Schutz vor Diskriminierungen erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsleben und damit auch auf das Bewerbungsverfahren. Nach dem AGG müssen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche innerhalb einer Zweimonatsfrist geltend gemacht werden. Unter Berücksichtigung von Verzögerungen wird eine Aufbewahrung der Bewerbungsunterlagen für maximal sechs Monate für zulässig erachtet.
Die Bewerbungsunterlagen sind deshalb bei einer erfolglosen Bewerbung nach sechs Monaten ab Rücknahme der Bewerbung oder ab Zugang der Ablehnung an die Bewerberin oder den Bewerber zurückzugeben oder aber zu vernichten."
(Quelle: https://www.bfdi.bund.de/DE/Buerger/Inhalte/Arbeit-Beschäftigung/Beschäftigtendatenschutz/FAQ_Beschäftigtendatenschutz.html )

Jetzt gibt es bei Beamten natürlich sehr oft den Fall, dass diese sich auf eine andere Stelle bei der eigenen oder bei einer anderen Behörde bewerben - also beim selben Dienstherrn. Ist diese Bewerbung erfolglos, stellt sich die Frage, ob die erfolglose Bewerbung in der Personalakte gespeichert werden darf. Zumindest in meinem Bereich ist das der Fall und wohl auch sonst weitgeübte Praxis. Aber ich habe da so meine Zweifel, ob das datenschutzrechtlich auch wirklich zulässig ist.

Nach § 50 Beamtenstatusgesetz ist der Dienstherr verpflichtet, alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen, in die Personalakte zu nehmen.

Ich frage mich jedoch, ob eine erfolglose Bewerbung in einem “unmittelbaren inneren Zusammenhang” steht. Ich würde mich bei der Frage nach der Zulässigkeit der Aufnahme von (erfolglosen) Bewerbungsunterlagen in die Personalakte eher der Ansicht des Landesdatenschutzbeauftragten Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2007 anschließen, die er in seinem Tätigkeitsbericht unter https://datenschutz.sachsen-anhalt.de/informationen/veroeffentlichungen/taetigkeitsberichte/tb-8/16-personalwesen/163-erfolglose-bewerbungen-in-personalunterlagen/ veröffentlicht hat. Auszüge daraus:

„Danach dürfen nur Daten in der Personalakte aufgenommen werden, soweit sie mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Ergänzend sagt das Gesetz ausdrücklich, dass andere Unterlagen nicht in die Personalakte aufgenommen werden dürfen. Das grundsätzliche Ziel der Datensparsamkeit und Datenvermeidung im Interesse des Persönlichkeitsschutzes wird hier nochmals besonders hervorgehoben.
Mit der Bewerbung verfolgt der Bewerber den Zweck, eine Veränderung seiner Beschäftigungssituation zu erreichen. Bleibt der Bewerbung jedoch der Erfolg versagt, hat sich der Zweck erledigt. Ein innerer Zusammenhang mit dem aktuell bestehenden Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis besteht gerade nicht.

Die Aufbewahrung erfolgloser Bewerbungen in Personalakten für die Personalwirtschaft und -verwaltung ist nicht unerlässlich. Vielmehr steht dem das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (unbeobachtete Bewerbung) entgegen. Bewerbungen enthalten oftmals Überschussinformationen, die den Dienstherrn nicht zu interessieren haben. Zudem besteht die Gefahr der Stigmatisierung. Eine größere Anzahl erfolgloser Bewerbungen begründet für den unbefangenen Betrachter zumindest die Vermutung, dass der Bewerber auf dem gegenwärtigen Dienstposten nicht zurecht kommt und auch auf dem Stellenmarkt keine Chancen hat. Die Versendung der aufgefüllten Personalakten mit alten, erfolglosen Bewerbungsvorgängen dürfte mit der von der Behörde betonten Fürsorge kaum zu vereinbaren sein.“

Abgesehen von dieser schon etwas länger zurückliegenden Einschätzung des LfDI Sachsen-Anhalt von 2007 konnte ich zu der Diskrepanz zwischen Löschpflicht von Bewerbungsunterlagen und Personalaktenführung keine erhellenden Informationen finden. Mir möchte es nicht so ganz einleuchten, dass z.B. in der Privatwirtschaft keinesfalls erfolglose Bewerbungen gespeichert werden dürfen, aber im öffentlichen Dienst eine Pflicht dazu bestehen soll, obwohl der Zweck der ursprünglichen Bewerbung entfallen ist. Das heißt, dass in der Personalakte eines 60jährigen Beamten immer noch seine erfolglose Bewerbung auf einen Beförderungsposten von vor 35 Jahren zu finden ist. Da frage ich mich schon nach dem inneren Zusammenhang zum aktuellen Dienstverhältnis.

Mich würde hier mal die Meinungen im Forum interessieren.

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Im Gegensatz zur Privatwirtschaft ist die Personalakte für Beamte und der Umgang damit im Bundesbeamtengesetz (§106 ff BBG) und im Landesrecht normiert. Der Umgang mit Personaldaten in der Privatwirtschaft ist aufgrund fehlender Bestimmungen daran angelehnt.
In der alten Gesetzesbegründung zum BBG von 1991 werden im unmittelbaren inneren Zusammenhang Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Lichtbild als in die Personalakte aufzunehmende Daten aufgeführt (BT-Drs. 12/544, S.16). Vermutlich ist die Handhabung darauf zurückzuführen. Aber ja, die Begründung des SächsDSB klingt durchaus plausibel.

Ich befürchte, dass gerade der Hinweis, dass das Bewerbungsschreiben Bestandteil der Personalakte sein soll, für diese “Überinterpretation” sorgt, auch erfolglose(!) Bewerbungen zu den Akten zu nehmen.
Gemeint kann doch nur das Bewerbungsschreiben sein, das zur aktuellen Tätigkeit geführt hat, nicht aber die möglicherweise zahlreichen erfolglosen Bewerbungen.

Ich find die Passagen vom SächsDSB ehrlich gesagt eher verwirrend denn erhellend.

Natürlich gehören erfolgslose Bewerbungen nicht in die Personalakte. Nur das Bewerbungsschreiben, das zum aktuellen Beschäftigungsverhältnis geführt hat, steht in diesem unmittelbaren inneren Zusammenhang.