Datenschutz vs. Forschungsfreiheit

In einem aktuellen Online-Befragungsprojekt von Beschäftigten im öffentlichen Bereich hat ein Landesdatenschutzbeauftragter gefordert, dass zum einen nur vollständig ausgefüllte Online-Fragebögen von den Forscherinnen berücksichtigt werden dürfen, zum andern eine anonyme Anmeldung zur Befragung zu erfolgen habe.
Meines Erachtens sind beide Forderungen ein unzulässiger Eingriff in die europarechtlich gewährleistete Forschungsfreiheit und finden keine Grundlage in der DSGVO. Insbesondere durch die anonyme Teilnahme ist nicht gewährleistet, dass nur die Zielgruppe des Forschungsprojekts an der Befragung teilnimmt, auch sind auch mehrfache Teilnahmen möglich. Dadurch treten Verzerrungen in den Auswertung der Fragebögen auf und das Ergebnis ist wissenschaftlich zweifelhaft bis unbrauchbar.
Dass nur vollständig ausgefüllte Fragebögen berücksichtigt werden sollen ist eine Bevormundung der Befragungsteilnehmer
innen, denn es steht diesen ja nicht nur frei, ob sie an der Befragung teilnehmen wollen, sondern auch ob sie alle Fragen beantworten wollen oder z.B. Fragen, die Art. 9 und/oder Art. 10 berühren, überspringen wollen.
Die DSGVO privilegiert die Forschung an zahlreichen Stellen wie z.B. bei der Bestimmtheit des Zwecks der Datenerhebung, der Zweckänderung, der Speicherdauer, erlaubt sogar die Einschränkung von Betroffenenrechten, wenn ansonsten Forschung unmöglich oder ernsthaft beeinträchtigt wird (so § 27 (2) BDSG).

Wie war noch mal die Frage?

Wirklich anonym ist nicht mal so leicht.

Bei Zweifeln wird die Akzeptanz sinken. Von der Zulässigkeit ganz zu schweigen.

Ich würde sogar so weit gehen, dass für Art. 10 im Vergleich zum ähnlichen Verbot in Art. 9 Abs. 1 keine Einwilligung vorgesehen ist, sondern dass nur die beiden dort aufgeführten Punkte die Verarbeitung erlauben können.

D., der die Fragestellung des Beitrags vermisst, bzw. was davon hier zur Diskussion gestellt werden soll.

Die Fragestellung ist, ob der Datenschutz in dieser Weise Forschungsprojekte reglementieren darf oder nicht.

Naja, was auch immer hier “Forschung” sein mag (ich bin da ein Skeptiker …)

Die Vollständigkeit ist doch einfach: man ergänzt um die Option “keine Antwort”
Anonym würde z.B. gehen über einmal gültige Codes, deren Zuordnung vernichtet wird (fragt sich, ob’s die Befragten glauben …)

Danke für Ihre nicht hilfreiche Antwort.
(Das Hinzufügen weiterer Antwortoptionen verhindert nicht, dass gar keine Antwort gegeben wird. Und vorbelegte Auswahlmöglichkeiten sind datenschutzrechtlich wohl unzulässig. Codes müssen, um Befragungsteilnehmer unterscheiden zu können, konkretn Personen zugeordnet werden, was zur Folge hat, dass sie eben bis zum Einsatz nicht anonym sind. Der Schutz der Befragungsteilnehmer:innen lässt sich dadurch verbessern, indem die Einladungs-E-Mails zur Befragung von einer anderen Stelle versendet werden als derjenigen, die die Befragungsantworten entgegennimmt. Aber bis dahin müssen die Codes personenbezogen sein, damit die Befragungsteilnehmer:innen z.B. ihre Befragung unterbrechen und später fortsetzen können, gleichzeitig aber keinen Zugriff auf die Daten anderer Befragungsteilnehmer:innen haben.)

Forschung darf kein Freibrief sein, gar nichts beachten zu müssen. Datenschutz ebenso nicht.

Forschung ist im Datenschutzrecht berücksichtigt. Wie immer könnte es handlicher formuliert sein. Aber die gesetzten Bedingungen und die Datenschutz-Grundsätze helfen weiter. (V. a. Transparenz, Zweckbindung, Datensparsamkeit.)

D., der bei Forschungsvorhaben, die er begleitet immer zuerst versucht, die Personenbeziehbarkeit so frühzeitig wie möglich herauszudiskutieren. Im Idealfall komplett. (Für DSB ein… befreiendes Gefühl.) Wenn es unbedingt personenbezogen bleiben muss, dann so schonend und transparent wie möglich, z. B. mit schrittweisen Einwilligungen. Die Ergebnisse /Berichte möglichst anonym.

Evtl. lassen sich “zufällige” Codes generieren. Ohne Aufzeichnung, an wen welcher Code ging. Beim Aufruf eines Online-Formulars wird dann nur geprüft, ob der Code gültig (plausibel) ist. Egal, von wem er kommt.

Das geht natürlich nicht in Befragungsreihen, wo bestimmte Personen an ihre bisherigen Angaben anknüpfen sollen oder zu ihren Äußerungen nachbefragt werden.

D., der sich manchmal so behilft.

Natürlich sind Vorbelegungen zulässig - es sind keine Einwilligungen.

Naja, aber wenn die Codes per Mail rausgehen, ist’s vorbei mit Anonymität. Und letztlich auch bei nem beliebigen Treuhänder …

Der Thread leidet ein bisserl darunter, dass unklar ist, wer die Forschenden sind, wer die Befragten sind und wie es mit der Freiwilligkeit der Teilnahme wirklich aussieht, welche Fragen das sind, wie die Anfrage bei der ASB genau lautet und was deren vollständige Antwort ist. Alles wird der Fragesteller sicher nicht darstellen wollen, aber es ist dann schnell ein Maulen und eventuell selektives Darstellen. Es ist (für mich) einfach nicht verständlich, wieso nur vollständig beantwortete Fragebogen herangezogen werden sollen - das hat doch sicherlich einen Grund.