Als Privatperson Dokumente rechtssicher digital unterschreiben

Gibt es aktuell eine Möglichkeit als Privatperson, Dokumente an bspw. Behörden der Kommune, des Landes oder des Bundes rechtssicher digital zu unterschreiben?

Spontan fällt mir die qualifizierte elektronische Signatur ein.

welche Möglichkeiten gäbe es denn unter Linux (Ubuntu) eine QES zu generieren und zu benutzen?

Dafür braucht es zunächst einen Vertrauensdienstleister: https://www.bundesnetzagentur.de/cln_131/EVD/DE/Verbraucher/Vertrauensdienste/Signatur/Signatur-start.html

Soweit ich gesehen habe, gibt es Java-Software für die Nutzung der Signaturkarte. Es wäre wohl sinnvoll, vor der Beantragung zu schauen, ob der Anbieter eine entsprechende Software hat. Theoretisch funktioniert Java unter Linux (OpenJDK). Praktisch hängt es davon ab, ob die Entwickler plattformübergreifend entwickelt haben oder irgendwelche DLLs in irgendwelchen Windows-Ordnern suchen.
Eine andere Möglichkeit ist, die Dokumente zu einem der Dienstleister hochzuladen. Kann man machen, muss man nicht.

Ab 01.01.2022 gibt es das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO). Damit kann man mit Gerichten und Behörden kommunieren, ohne dass man eine qeS braucht.

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Das gilt aber nur für Strafverfolgungsbehörden, oder? Jedenfalls nach ERVV.

Nein, das gilt für alle Institutionen, die im elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen. Die ERVV wird zum 01.01.2022 geändert. Den Entwurf findet man beim BMJV: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Ausbau-ERVV.html

Ja, aber die Änderungen betreffen nur die Normen für den Rechtsverkehr, eine außergerichtliche (oder außerrechtsverkehrliche?) Übermittlung von Dokumenten ist davon nicht erfasst (zB an Stadtverwaltung, Kommune und sonstige Behörden). Die ERVV gilt lt. §1 für Gerichte und Strafverfolgungsbehörden und das wird nicht geändert. Auch die Grundbuchverfügung wurde geändert: amtliche elektronische Ausdrucke gelten nur noch mit QES (Artikel 21, die Doppeldeutigkeit der Änderung ist amüsant). In der AO und bei den Gerichtsvollzieherkosten wurden die Preise erhöht. Mehr nicht.

Man fragt sich schon, welcher ganzheitliche Ansatz bei der Digitalisierung verfolgt wird, wenn die Bürger sich bei n beliebigen Stellen registrieren und an n verschiedenen Verfahren teilnehmen müssen, nur um Dokumente digtial austauschen zu können.

Vorgang beim DIP mit Link zum BGBl:
https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zum-ausbau-des-elektronischen-rechtsverkehrs-mit-den-gerichten-und/273967

Entschuldige bitte. Dass man über das eBO dann auch mit Behörden kommunizieren kann, ergibt sich natürlich nicht allein aus der ERVV, sondern aus § 3a VwVfG.

Hm. Wenn mit sonstigen Behörden im Rahmen eines Verwaltungsaktes über eBO kommuniziert werden kann/soll, wäre dann nicht eine Änderung in §3a VwVfG notwendig (zB Nennung von eBO als sonstiges sicheres Verfahren) oder eine Anpassung anderer Verwaltungsverordnungen?

Das ergibt sich (für formfreie Anträge/Schreiben) direkt aus § 3a Abs. 1 VwVfG: “Die Übermittlung elektronischer Dokumente ist zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet.” Das hat die Behörde, indem sie am elektronischen Rechtsverkehr teilnimmt. Denn eBO und beBPo oder auch das bekanntere beA basieren auf derselben IT-Infrastruktur. Das ist vergleichbar mit t-online, GMX und web.de - unterschiedliche Provider, aber alles E-Mail.

Anders sieht es wiederum aus, wenn du die Schriftform ersetzen willst (§ 3a Abs. 2 VwVfG). Dann wäre entweder eine qeS oder noch eine Verordnung erforderlich, die das eBO zu einem sicheren Übermittlungsweg erklärt.

Es gibt da ein kostenloses Tool vom Fraunhofer Institut. Schaut mal hier:
https://volksverschluesselung.de/
Außerdem gibt es noch die DE-Mail und (zumindest für Rheinland-Pfälzer) das Nutzerkonto Rheinland-Pfalz.

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Danke!

Leider Win-only und nicht open Source AFAIS?

Direkt mal anregen, auch Linux zu unterstützen.

Ich meine nicht den Rechtsverkehr sondern den Verwaltungsverkehr, daimos. Entweder schreiben wir aneinander vorbei oder wir sind tatsächlich unterschiedlicher Meinung. Geändert wurden die Normen für Gerichte, gerichtliche Verfahren, Prozessbeteiligte. eBO soll “den schriftformersetzenden Versand elektronischer Dokumente an die Gerichte sowie die Zusendung elektronischer Dokumente durch die Gerichte an die Postfachinhaber ermöglichen”. Der digitale Wandel der Justiz. Durch die ZPO sind sonstige Behörden eingebunden, aber eben nur im Rahmen des Zivilprozesses. In der ZPO wurden zB die “sicheren Übermittlungswege” und die “Zustellung elektronischer Dokumente” angepasst. Es gab aber keine Änderung für die Kommunikation von Bürgern mit einer Behörde im Rahmen eines Verwaltungsaktes, eines Verwaltungsverfahrens, denn ein “sicherer Übermittlungsweg” wird im VwVfG gerade nicht gefordert. Der eröffnete Zugang müsste jedoch genau diese Bedingungen erfüllen. Die Änderungen betreffen den schriftformersetzenden Versand, also die formgebundene Kommunikation. Das sind die Punkte des §3a Abs.2 VwVfG, die zB in der ZPO angepasst wurden, aber eben nicht im VwVfG. Die Kommunikation von Behörden mit Gerichten soll seit Januar 2018 über das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) erledigt werden. Es besteht also ein Zugang für den Rechtsverkehr. Allerdings ist auch dieser Zugang nicht für die Bürger und ihre Verwaltungsangelegenheiten gedacht.

Wenn Verwaltungsakte digital abgewickelt werden können/sollen, dann sind Änderungen wie zB im “Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen” vonnöten. Die Verwaltungswelt wäre ansonsten viel zu einfach. Digitale Verwaltung funktioniert für den Bürger nicht aufgrund des Satzes “soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet”. Das ist nur die Erlaubnis, einen irgendwie gearteten Zugang nutzen zu können. Welcher Art der Zugang sein soll, welche Daten auf welche Art und Weise kommuniziert oder verarbeitet werden, ist damit aber nicht geregelt. Hier erklärt eine Verwaltung wie die elektronische Kommunikation mit ihr funktioniert, das hat recht wenig mit Rechtsverkehr und eBO zu tun: https://www.vg-herxheim.de/impressum/rechtssichere-elektronische-kommunikation/
Ich ging davon aus, dass @w4ts0n eine solche Kommunikation mit schriftformersetzenden Versand (formgebundene Kommunikation) und eben nicht den Rechtsverkehr meinte. Darum die bisher vielleicht mistverständliche Diskussion.

Entschuldige, dann haben wir in der Tat an einander vorbei geschrieben. Soweit es um Ersetzung der Schriftform geht, kann das eBO natürlich nicht für den Behördenverkehr dienen. Auf Grundlage von § 3a VwVfG ist mittels eBO nur der nicht formgebundene Austausch mit Behörden möglich.